GET CLOSER – Interview mit der Fotografin Sitara Thalia Ambrioso

November 5, 2024

Die Improvisationsmethode von Ioannis Mandafounis ermöglicht, dass Künstler*innen auf der Bühne live interagieren. Der Kontakt zu Ihnen, unserem Publikum, ist für unsere Kunst unabdingbar. Weil die Beziehungen zu Ihnen für unsere Arbeit so zentral ist, wollten wir uns auch in der Kommunikation rund um die Aufführungen herum weiter öffnen.

Für die Fotomotive der neuen Spielzeit haben wir deswegen mit Sitara Thalia Ambrosio zusammengearbeitet. Sie ist 2024 Residenzkünstlerin in HELLERAU. Mit ihrem sensiblen und zugleich präzisen, am Fotojournalismus geschulten Blick, hat sie uns in diesem Frühling eine Woche lang begleitet.

© Sitara Thalia Ambrosio

INTERVIEW

Was zeichnet deine fotografische Arbeit aus?

Sitara Thalia Ambrosio: Ich arbeite überwiegend als Fotojournalistin bzw. Dokumentarfotografin, das bedeutet: Ich inszeniere keine Situationen in meiner Fotografie, sondern begleite Menschen mit meiner Kamera. Dafür benötige ich vor allem viel Zeit und natürlich das Einfühlungsvermögen, damit Menschen auch Situationen geschehen lassen, wenn du dabei bist und die Kamera vergessen. Im Grunde beruht alles, was ich zeige, auf dem Vertrauen der Menschen, die ich begleite.

Wie hat deine Arbeitsweise die Fotos geprägt, die im Rahmen des DFDC-Projekts entstanden sind?

Natürlich war das kein journalistischer Auftrag, den ich bei der DFDC fotografiert habe. Aber ich habe in meiner Arbeit den dokumentarischen Ansatz behalten. Konkret bedeutet das, dass ich über mehrere Tage die Company und die Tänzer:innen begleitet habe - in ihrem normalen Alltag. Vom Aufwärmen am Morgen, zu den Proben, dem Mittagessen und bis zur Premiere. Es gab so die Möglichkeit, die Welt der Company zu fotografieren, ohne eine inszenierte Kampagne daraus zu machen. Das ist etwas sehr einzigartiges, auch für mich, weil ich noch nie vorher so intime Einblicke in die Welt des Tanzes bekommen habe.

Was hat dich besonders daran gereizt, die Arbeit eines Tanzensembles zu dokumentieren?

Es ist etwas ganz besonderes, Einblicke in eine Welt zu bekommen, die große Teile unserer Gesellschaft nur auf der Bühne erleben können. Mich hat interessiert, wer die Tänzer*innen hinter der Bühne sind. Was ihre Geschichten sind. Und ich habe mich in den Gedanken verliebt, das auch zeigen zu können in den Fotos. Aber auch den Tanz als verbindendes Element zu zeigen. Und ich wünsche mir, dass auch andere Menschen durch meine Fotos einen Zugang zu den individuellen Personen hinter der Tanzcompany bekommen.

© Sitara Thalia Ambrosio

© Sitara Thalia Ambrosio

Wie bist du bei der Arbeit vorgegangen?

Ich habe mich als Person, und das, was ich tue, erstmal vorgestellt. Damit die Tänzer*innen und der Rest der Gruppe ein Gefühl für mich bekommen können. Auch Kaffee trinken und zusammen herumsitzen, sich in Gesprächen verlieren, gehört dazu, um das Vertrauen zu gewinnen. Dadurch kann ich später auch intime Momente fotografieren. Dazu gehört auch, etwas von mir preiszugeben - gerade wenn man so lange Zeit mit einer Gruppe verbringt. Es ist also wichtig, als Fotografin nahbar zu sein, damit die Protagonist*innen sich auch sicher genug fühlen.

Ab irgendeinem Punkt spielt es dann gar nicht mehr so eine große Rolle, dass ich eine Kamera dabei habe. Diesen Zeitpunkt zu bemerken ist immer wieder aufs neue schön. Ich habe die Woche mit der Company oft genauso viel Zeit im Studio verbracht, wie der Rest der Gruppe. Ich war am Schauspielhaus hinter den Kulissen, in den Umkleiden und bei der Generalprobe.

Was war dir in der Kommunikation mit den Tänzer*innen besonders wichtig?

Mir war besonders wichtig, dass sie sich als individuelle Personen gesehen fühlen und ich ihnen den Raum gebe, jederzeit sagen zu können, wenn ihnen etwas zu nah ist oder sie Ruhe von mir und der ständigen Kamerabegleitung brauchen.

© Sitara Thalia Ambrosio

© Sitara Thalia Ambrosio

Was war einer deiner Lieblingsmomente, während du die DFDC begleitet hast?

Oh, das ist schwierig. Es gab viele Momente, an die ich mich sehr gut erinnere. Wenn ich wählen müsste, wären es die Momente vor und nach der Premiere im Schauspielhaus. Dort hat sich gut gezeigt, wie der Umgang der Gruppe miteinander ist und wie sie als Team ineinander greifen. Das hat mich sehr berührt.

Was planst du als nächstes?

Ich werde die nächsten Wochen wieder in der Ukraine sein und dort zusammen mit meiner ukrainischen Kollegin Yana Radchenko an einer Recherche arbeiten. Zeitgleich wird es eine Ausstellung mit meinen Bildern in Hellerau, dem Zentrum der Künste in Dresden geben, zu einem anderen wichtigen Thema: Klimakrise und Krieg - Wenn Wasser zur Waffe wird.

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